♦
Die Chinesen.
37
und sie über den Nutzen der Ceremonlen belehrte, gieng
der ihn zufällig antreffende Oberfeldherr der Song mit
gezücktem Schwerte auf ihn los. Kvngfutse zog sich lang-
sam zurück, und sagte zu seinen Schülern, welche über
die Gleichmuts) des Meisters erstaunt waren: „wenn ich
Tugend genug habe, um den Schutz des Himmels zu er-
langen, was kann Huenlni mir thnn?" Unter so bittern
Erfahrungen und ohne, wie es schien, nur einen Grund
zu seinem Werke gelegt zu haben, gieng Kvngfutse dem
Tode entgegen. Er starb 479, in demselben Jahre, als
die Griechen bei Platää und Mykale über das Perserheer
Siege erfochten.
Vielleicht ist das Emporkommcn der kvngfntseani-
schon Lehre auch dadurch verzögert worden, daß ungefähr
zur selben Zeit ein Andrer in ganz entgegengesetztem Sinne
gelehrt hat. Wirmeinen den Philosophen Laotse, dessen
schwülstige Ideen aus dem Werke Tantihking erkannt
werden mögen. Zwar klingt es vielversprechend, wenn
wir Stellen wie die folgende lesen: „Ehe denn Him-
mel und Erde ist das Chaos gewesen, vor dem Chaos
aber ein einiges, unermeßliches, schweigendes Wesen,
ohne Wandel, voll rastloser Thätigkeit, die Mutter des
Weltalls. Wie es sich selbst nennt, weiß ich nicht, ich
aber nenne cs Vernunft. Der Mensch hat sein Modell
von der Erde, die Erde vom Himmel, der Himmel von
der Vernunft, die Vernunft aber hat cs in sich selbst."
Allein das Ganze enthält nicht etwa eine Durchführung
solcher Gedanken, sondern vielmehr die buntesten Träume-
reien von dem Wirken und Erscheinen des großen Für-
sten Tao, der nach zahllosen Erzeugungen und Vernich-
tungen durch 10,000 Millionen Schichten reiner Luft den
Anfang einer neuen Schöpfung gemacht habe. Seine
Schüler, die Tavße, haben nicht nur den Himmel, die
Erde und das Meer mit Geistern und Dämonen bevöl-
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TM Hauptwörter (100): [T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T81: [Sonne Erde Tag Mond Himmel Nacht Stern Zeit Licht Stunde], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T31: [Athen Athener Spartaner Flotte Perser Stadt Sparta Krieg Schlacht Griechenland]]
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Die Phönizier und Karthaginenser. 161
in lebenslängliche Verbannung nach Citium schleppen.
Doch hicmit waren nur die Werkzeuge des Tyricrs besei-
tigt, nicht aber seine Ansprüche abgewiesen: das Schwert
mußte entscheiden. Kaum wurde daher die Nachricht vom
Tode des Gadylkarus bekannt, so trat Bartvphas, dem
nur der König von Mylita bcistand, gegen die Ochritobi,
maler in die Schranken. Das Glück und die Macht der
Stadt Tyrus verhalf ihm innerhalb Phvniziens zu dem
vollständigsten Siege, worauf er, auch dcßhalb, weil Si,
Von neutral geblieben war, Tyrus zum Mittelpunkte des
Ganzen machte. Um den geschlagnen Feind, der sich auf
den Inseln festgesetzt hatte, und dort Kolonien gründete,
auch von dort zu vertreiben, war eine mächtige Flotte
nvthig. ''Das Arsenal der Tyrier wurde vergrößert und
von den Unterfürsten Bauholz beigestenert. Schon besich-
tigte Bartvphas die Rüstungen im Hafen, als er, durch
einen Splitter im Auge verwundet, im sechsten Jahre
nach Erlangung des höchsten Königthums, etwa 1049
vor Christus, sein Leben beschloß. Der von den Tyriern
zum Nachfolger gewählte Sohn Joramus, oder Hier-
das, wie er in Tyrus selbst hieß, oder Hiram, wie
die Bibel ihn nennt, schloß die Gesammtmacht des Fein-
des in Citium ein, wiewohl mit so schlechtem Erfol-
ge, daß die Tyrier, an der Einnahme verzweifelnd, die
Rückfarth antreten wollten. Doch eben jetzt erfuhr man
von den äthiopischen Verbannten, denen es gelungen war,
aus der Stadt zu entfiiehen, daß der Feind am bevorstehen-
den Abzüge der Tyrier nicht mehr zweifle, und bereits
Anstalten zu einem rauschenden Siegesfcst treffe. Man
stach also zum Schein in die See, kehrte aber bei Nacht
zurück, überrumpelte die sorglose Stadt, metzelte die
trunknen Ochritobimaler nieder, erzwang in Folge dieses
Sieges die Unterwerfung der Kolonien, und pries jene
Baucr's Gcsch. I. Bl. 11
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Die Phönizier und Karthaginenser. 165
zählige Lastschiffe; ausserdem hat er tausend ganz in Gold
gekleidete Lanzenträgcr und achtzig Streitwagen. Den
Meukertestempel und die ganze Stadt erbauten die Be-
gleiter des Gottes auf ihrer Heimkehr von Tartessus. In
der Umgegend liegen die Städte Hysora, Maene, Sily-
phe, Bethobarkas, welche auch Bethataba-genannt wird,
und Namase. Auch die Stadt der Sidvnier ist volkreich.
Ihre Landmacht besteht aus vierzigtausend Streitern, tau^
send Lanzenträgern und zwanzig Wagen, ihre Seemacht
aus sechzig Schiffen. Zum Gebiete der Sidvnier gehören
noch die Städte Monychus, Jauphc, Moyra, Dibon, wo
die Kinder des Königs wohnen, Nebra und Soate. Das
Heer der Byblier besteht aus zwanzigtausend Kriegern,
wozu noch zweitausend Lanzenträger kommen und zwanzig
Wagen. Zur See haben sie fünf und achtzig Kriegs-
schiffe. In der Stadt ist der Tempel des Kronus, wel-
cher die Stadt erbaute, der Baaltis und Andrer. In
der Nähe liegen Asmunia, Jasude, Nebite Und Nebra der
Byblier. Die Aradier haben ein Heer von achttausend
Mann, ausser tausend Lanzenträgern und fünfhundert Bo-
genschützen. Kriegsmagen haben sie zwanzig, und ihre
Flotte besteht aus fünfzig Trieren. Ihre übrigen Städte
sind Arboze, Kasauron, Jtynna, Delibas und Asypotia.
Zwischen Delibas und Jtynna liegen die Orakelsteine ^)?i-
sybata, welche der Gott Uranus errichtet hat. Die Be-
rytier stellen zehntausend Mann ins Feld und tausend
Lanzenträger, wie auch vierzig Streitwageu. Zur See
haben sie dreissig Trieren. Ihre Stadt ist von Eliun
erbaut, welcher sie nach seinem Weibe Beryte be-
nannte. Wundervoll sind die dortigen Tempel des Pon-
tus und der Astarte. Die übrigen von den Berytiern
bewohnten Städte sind Arbe, Jsbas, Sydrobal und Be-
thastarothe. Auf dem Wege nach Byblus, bei der Stadt
Sydrobal, steht der Thurm der Acgyptier, welche unter
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M
Zehntes Hauptstück.
jagt hatte, kamen Griechen an die Reihe, Democedes unter
Darius, Apollonides unter Xcrxes, Ktesias unter Arta-
xerxes 1!. Chatdäische Mittel zum Behufe der Zeitabthei-
lung wurden keineswegs benützt: als Darius den Ioniern
befahl, zwei Monate an der Donau auf ihn zu warten,
gab er ihnen einen Riemen mit sechzig Knoten, wovon
jeden Tag einer gelöst werden sollte. Einzelne Vorfälle
und stehende Gebräuche deuten auf Rohheit der Sitten.
Nasen-, Ohren- und Lippenabschneidcn war eine Strafe, zu
welcher die persische Gerechtigkeit mit Vorliebe griff. Ein-
mal zog man einem ungerechten Richter die Haut ab und
spannte sie über den Stuhl, auf welchem der Sohn Recht
sprechen mußte. Ruf dem Zuge des Xcrxcs nach Griechenland,
an einem Orte, der die neun Wege hieß, begruben die Magier
neun lebende Knaben und neun lebende Jungfrauen der
Landeseinwohner. Des Xerxes Gemahlin Amcstris ließ
in ihrem Alter zweimal je sieben Kinder der angesehensten
Perser ebenfalls lebendig begraben, damit sie ein Sühn-
opfer für die Könige bei dem unterirdischen Gotte wür-
den. Auf Befehl derselben Amcstris wurden der Gemahlin
des Maststes, welche mit Xer.res in unerlaubtem Umgänge
stand, Ohren, Nase, Lippen, Zunge und Brüste abgeschnit-
ten, und Xerxes sah sich in Folge davon veranlaßt, seinen
Bruder Maststes, der auf Empörung sann, sammt der
ganzen Familie desselben aus dem Wege zu räumen. Als
vollends die Könige, statt unter den Waffen, im Serail
aufwuchsen, als Weiber und Eunuchen über die wichtig,
sten Reichsämter, mehrmals sogar über den Thron ver-
fügten, als die Satrapen zu der bürgerlichen Gewalt auch
noch deu Oberbefehl über die Truppen erhielten, und nun
gleich selbstständigen Fürsten unter einander Ränke span,
nen, mit dem Auslände verhandelten und wider den Groß-
könig Pläne schmiedeten, so kam neben der Barbarei auch
die Schwäche des Ländcrkolosses an den Tag. Die Ervbe-
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Extrahierte Personennamen: Darius Darius Chatdäische Darius Darius Xerxes Amcstris Xerxes
Lykurg und Sparta.
279
beschrankt, nach Beendigung des Krieges aber mußte er
den fünf Ephoren Rechenschaft ablegen. Diese, wie es
nach Aristoteles scheint, ursprünglich Richter in bivilsachcn,
wenn es sich dabei um Obligationen handelte, und aus
der Mitte des Volks durch eine Verbindung von Loos
und Wahl berufen, waren, da sie während des Kriegs mit
den Mesieniern an die Stelle der geraume Zeit abwe-
senden Könige einrückten, allmählig zur Handhabung
der Staatspolizei und zu einer weitgreifenden Zensur ge-
langt, so daß sie nicht nur jeden tragen oder leichtsinnigen
Privatmann, sondern jeden Beamten, selbst einen der Kö-
nige vor ihr Gericht ziehen, verhaften lassen und zu Geld-
strafen, ja, wenn sie mit einigen Geronten ein höchstes
Tribunal bildeten, sogar zum Tode verurtheilen konnten,
während sie selbst Niemanden ansser ihren Nachfolgern
verantwortlich waren. Ein solcher Wirkungskreis gab
Anlaß genug zu Uebergriffen. Sie hatten das Recht, neue
Gesetze vorzuschlagen: bald dienten ihre Anträge auch dann
zur Richtschnur, wenn über Krieg und Frieden berathcn
wurde; kein Beamter, kein Privatmann mochte cs mit
ihnen verderben, weil sie jederzeit Gelegenheit fanden, dem
Einen wie dem Andern ihre Gewalt fühlbar zu machen;
und je höher gestiegen, desto ängstlicher überwachten sie
die Verdienste Andrer; abwesende Staatsbeamte empfien-
gen ihre Befehle mittelst der Skytale, oder eines Riemens,
dessen Inhalt nur dann gelesen werden konnte, wenn man
ihn über einen genau anpassenden Stock spannte, und
418 wurde eö Gesetz, dem ausziehenden Feldherrn einen
Rath von mehreren Personen mitzugeben. Solche Be-
schränkungen waren andrerseits auch wieder nöthig, weil
auswärtige Kriege auf Heer und Feldherrn einen verführeri-
schen Reitz ausübten; denn wohin der Spartaner kam, fand er
ein angenehmeres Leben als zu Hause; die Soldaten konn-
ten daher leicht neue Bedürfnisse und Verdrossenheit
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< j - ,
Lykurg und Sparta. 281.
unter Leitung des feurigen Aristomenes, um 683 der
Widerstand erneuert, so daß der atheniensische Dichter
Tyrtäus, von dem wir ausser Bruchstücken noch fünf
ganze Elegien besitzen, den Muth der geschlagnen Spar-
taner durch seine Kriegsgesänge auffrischen mußte. Zehn
Jahre lang, bis 668, vertheidigte Aristomenes mit 300
Mann die Bergfeste Jra. Wie zu Ende des ersten Kriegs,
wanderte auch jetzt ein Theil der Besiegten nach Italien,
um Rhegium zu kolonisiren, während Andre den Namen
ihrer Heimath in dem sicilischen Messina verjüngten.
Die Spartaner aber bildeten, nachdem sie ihr Gebiet um
die Hälfte und bis auf 150 Gevicrtmci^en vergrößert hat-
ten, fortan die erste Macht des Peloponneses. An sie also
wendeten sich die dorischen Geschlechter, welche aus irgend
einem kleinern Staate der Halbinsel bei entstehender Volks-
oder Tyrannenherrschaft von der nicht-dorischen Bevölke-
rung verdrängt wurden, um bei nächster Gelegenheit mit
spartanischer Hülfe in ihre Rechte eingesetzt zu werden.
So kam 584 in Korinth, so 540 in Sicyvu, so in Epi-
daurus und Aegina die Aristokratie aufs Neue empor; in
Korinth beruhte sie natürlich nicht sowohl auf Grundbesitz
als auf Handelsintcresse; überall aber gelangten nun
wohl auch solche Geschlechter zur Theilnahme an der Re-
gierung , die während der demokratischen Zeit großes An-
sehen gewonnen hatten. Wo die Spartaner thätig gewe-
sen waren, um die Verfassung zu gründen, behielten sie,
solange die gegründete Verfassung in Kraft blieb, über-
wiegenden Einfluß; Argvs fühlte im Krieg ihre Macht; Ar-.
kadien dankte nur seinen Bergen die Fortdauer der Freiheit:
im ganzen Pelvponnese, also innerhalb eines Flächenraums
von beinahe 400 Geviertmeilen, konnte, wenn ein gemeinsa-
mes Unternehmen zu Stande kam, Niemand den Sparta-
nern die Ehre des Oberbefehls oder der Hegemonie
streitig machen; Spartaner standen dann dem Kriegsrathe
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290
Drittes Hauptstück.
sandten, für Belohnung untergeordneter Diener, für wohl,
thätige Zwecke, für Flotte und Kriegswesen ausgab, wurde
nicht blos mit dem Ertrage der Staatsländereien, der
Gerichtssportcln, der Strafgelder und eingezognen Güter,
des Hafen- und Marktzolls, der Tribute, die man später-
hin Bundesgenossen und Unterthanen auferlegte, oder der
Beute, die man dem Feind abgenommen hatte, sondern
auch dadurch gedeckt, daß man die Bürger nach Maßgabe
ihres Vermögens direkt besteuerte, zu welchem Bc.hufe Jeder
selbst sich schätzen durfte, der Staat aber das Recht hatte,
wenn es ihm gut schien, eine Nachschatzung vornehmen
zu lassen. Zur Zeit des Demosthenes wurde die bewegliche
Labe auch mit in Anschlag gebracht, früher aber blos der
reine Güterertrag, und zwar, wie cs scheint, in der Art,
daß der zwölffache Ertrag als Kapitalwerth des Gutes
betrachtet wurde. Unter den stehenden Liturgien oder
Personalleistungen, die von den Wohlhabenden der Reihe
nach getragen werden mußten, nennen wir die Choregie,
das heißt, die Verpflichtung, für den Chor eines Schauspiels,
oder für Tänzer, Flötenspieler und Sänger eines Festauf.
zugs zu sorgen , die G y m u a s i a r ch i e, ober die Oblie-
genheit, zur Feier von Kampfspielen den Platz auszu-
schmückcn, Kämpfer zu stellen, zu besolden uufc zu verköstigen,
die Hcstiasis, oder die Bereitung eines Mahls für
sämmtliche Stammgcnosscn, — lauter Aufträge, deren
man sich ohne einen Aufwand von 600 bis 1200 Gulden
nicht ehrenhaft entledigen konnte. Mindestens 1600 Gul-
den kostete die Trierarchie, eine ausserordentliche Per-
sonalleistung, welche darin bestand, daß man die Anschaf-
fung des Geräthes und der Mannschaft, sowie die Erhaltung
eines Schiffes übernahm, während der Staat Rumpf und
Mast lieferte, und die Mannschaft besoldete und verkv.
stigte. Von dem Jahre 428 an wurde auch nicht selten,
wenn der Bedarf die Einnahmen überstieg, eine ù<jq>oç<x
TM Hauptwörter (50): [T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T5: [Jahr Recht Person Gemeinde Staat Steuer Familie Kind Lebensjahr Vermögen], T39: [Million Mark Geld Jahr Summe Steuer Thaler Staat Ausgabe Einnahme], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer]]
Peloponnesischer Krieg.
349
dürfen wir nicht Zurückbleiben, sondern müssen uns be-
mühen, jene Macht mittelst kräftiger Vertheidigung un«
geschmälert auf die Nachwelt zu bringen.« Auch die Art
der Kriegführung zeichnete Perikles mit großer Sachkennt-
niß seinen Mitbürgern vor. „Bewohnten wir eine Insel,
wer konnte unbezwinglicher seyn als wir? Nun müssen
wir diesem Gedanken so nahe als möglich zu kommen su-
chen, müssen daher unsre Besitzungen und Häuser auf dem
Lande Preis geben und nur das Meer und die Stadt be-
haupten , und uns nicht durch leidenschaftlichen Eifer für
jenes Besitzthnm zu einer Entscheidungsschlacht mit den
an Zahl überlegnen Peloponnestern hinreissen lassen. Denn
siegen wir auch, so werden wir doch bald wieder mit
einer nicht geringern Streitmacht zu kämpfen haben;
verlieren wir die Schlacht, so sind die Bundesgenossen,
auf denen großentheils unsre Stärke beruht, zugleich für
uns verloren. Denn diese werden nicht ruhig bleiben,
sobald wir ausser Stande sind,- sie mit bewaffneter
Macht im Zaume zu halten. Auch dürfen wir nicht
um unsre Häuser und Felder jammern; denn das Be-
sitzthum ist blos um des Besitzers willen da. Ja,
könnte ich hoffen, euch zu überreden, so würde ich rathen,
ihr selbst solltet hinausziehen, Land und Häuser verwüsten,
und so den Peloponnesiern zeigen, daß ihr um solcher
Dinge niemals nachgeben werdet. Noch auf manche andre
Gründe gestützt, sehe ich mit Zuversicht dem Siege ent-
gegen, wofern ihr nur nicht zugleich weitere Eroberungen
machen, und durch eigne Wahl euch neue Gefahren zu-
ziehen wollt; denn ich fürchte weit mehr unsre eignen Feh-
ler als die Plane der Gegner.« Sofort begannen im
Frühling 431 die Feindseligkeiten zwischen der spartani-
schen Landmacht, die sich mit Ausnahme von Argos und
den neutralen Städten Achajas über den ganzen Pelopon-
nes erstreckte, und durch Reiter aus Böotien, Phocis, Lo-
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350
Fünftes Hauptftück.
kris, sowie durch Schiffe von Megara, Korinth, Sicyon,
Elis, Petlene, Ambracia, Leukadia unterstützt wurde, und
zwischen dem atheniensischen Seestaate, der einen überfiüsstg
gefüllten Schatz, 300 große, von geschickten Bürgern ge-
steuerte, mit 50,000 Seeleuten bemannte Schiffe, eine
Besatzung von 4.6,090 Mann, 13,000 Schwerbewaffnete,
1600 Bogenschützen und 1200 Reiter zum Angriffe, die
Thessalier, Akarnanier, Corcyräer und Zantier zu Bundes-
genossen, und auf Insel- und Küstenstrichen eine große
Anzahl Unterthanen hatte. Sobald vom Anzuge der Pe-
lopvnnesier verlautete, flüchteten die Grundbesitzer und
Laudleute ihre Heerden auf benachbarte Inseln, ihre Wei-
der, Kinder und Geräthschaften nach Athen. Als aber
König Archidamus der Hauptstadt mit 60,000 Mann bis
auf drei Stunden verwüstend nahe kam, entstand ein
Murren unter der Einwohnerschaft, und damals, wie es
nach Plutarch scheint, wurden aus Unwillen über Perikles
die ihm theuersten Personen angefeindet: Phidias, weil
er irreligiöserweise sein und des Perikles Bild an der Mi-
nervastatue angebracht — er soll im Gefängnisse gestorben
seyn; Anaxagoras, weil er die Himmelserscheinungen na-
türlich erkläre und dadurch den Göttern Eintrag thue —
er entwich nach Lampsakns, wo er 428 starb; Aspasta,
weil ihr Beispiel den Sitten schade — Perikles selbst
rettete sie durch seine ergreifende Beredtsamkeit. Doch
wie stch dieß verhalten möge, jedenfalls wurde dem Feind
durch Plünderungen der Flotte im Peloponnes reichlich
vergolten, was er den Atheniensern Schlimmes zugefügt
hatte. Da brach während des folgenden Jahres die Pest
aus: sie war aus Afrika oder Asien eingeschleppt worden,
und richtete um so größere Verheerungen an, weil die
Flucht der Landleute, welche theils bei Bekannten,
theils in schlechten Hütten auf öffentlichen Platzen oder
zwischen den langen Mauern untergebracht waren, Athen
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Extrahierte Personennamen: Elis
Extrahierte Ortsnamen: Megara Korinth Ambracia Leukadia Athen Lampsakns Afrika
35t
Peloponnesischer Krieg.
in hohem Grade übervölkert hatte. Eine Sonnenfinster«
niß vermehrte die Bestürzung, als eben Periktes mit
der Flotte absegeln wollte. „Ist dieß ein Unglück?"
fragte er seinen Steuermann, indem er ihm den Man-
tel vors Gesicht hielt, und setzte, wie derselbe mit
Nein antwortete, gelassen hinzu: „warum also wird es
ein Unglück seyn, wenn ein größerer Körper die Sonne
verdunkelt?» Allein er konnte wenig ausrichten, denn die
Pest wüthete nicht minder auf den Schiffen. Jetzt über-
wogen seine Feinde: man schickte umsonst Friedensboten
nach Sparta, schloß im Grimme den einzigen Mann, wel-
cher helfen konnte, von der Staatsverwaltung aus, und
verurtheilte ihn sogar zu einer Strafe von 15 Talenten.
Sein älterer Sohn Lanthippus, seine Schwester und die
meisten Blutsverwandten sanken nacheinander ins Grab: er
blieb standhaft; nur als er dem letzten rechtmäßigen Sohne
Paralus den Todtcnkranz aufsehte, floß sein männliches
Auge von Thränen über. Die Athenienser bereuten ihre
Undankbarkeit, und trugen ihm die Staatsgeschäfte aufs
Neue an: mit Ueberwindung erschien er wieder vor der
Menge; das Volk bat ihn um Verzeihung; die Nachricht^
Potidäa sey in die Hände der Athenienser gefallen, lief
ein: da ergriff auch ihn die schreckliche Krankheit. Weh-
müthig riefen sich seine Freunde, als er bereits in dum-
pfem Schlummer zu liegen schien, das Große alles ins
Gedächtniß, was er vollbracht habe, Plötzlich schlug er
sein Auge auf, und erhob sein Haupt. „Vergeßt das
Einzige nicht, worauf ich in Wahrheit stolz bin: daß kein
Athenienser durch mich veranlaßt wurde, Trauerkleider an-
zulegen!" So endete er im Jahre 429, und mit ihm
neigte sich der Glücksstern seiner Vaterstadt zum Unter-
gänge.
Die Krankheit selbst, welche den Perikles vom Ruder
des Staates wegraffte, hatte, wie Thucydides versichert,
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T14: [Athen Stadt Athener Sparta Spartaner Griechenland Krieg Perser Flotte König]]
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